Stickstoff bildet mit fast 80% den Hauptanteil unserer Luft.
Leider können Pflanzen diesen gasförmigen Stickstoff aus der Luft nicht verwerten.(Zumindest nach traditionellem Lehrbuchwissen)
Sie müssen sich dieses lebenswichtige Element aus der Umgebung von Pflanzenwurzeln beschaffen. Tiere dagegen durch das Fressen von Pflanzen oder von anderen Tieren.
Von allen Elementen, die Pflanzen für ihr Wachstum benötigen, ist Stickstoff das am schwierigsten zugängliche.
Ein Mangel limitiert das Wachstum.

Diese Wichtigkeit von Stickstoff für das Pflanzenwachstum ist der Wissenschaft bereits seit mehr als hundert Jahren bekannt.
Und so war es dem Nobelpreiskomitee 1918 und 1931 wert, den Chemikern Fritz Haber und Carl Bosch den Nobelpreis für ein Verfahren zu verleihen, mit dem Stickstoff aus der Luft industriell hergestellt werden kann.

Dieses Verfahren wird noch heute für die Produktion von Mineraldünger angewandt.
Es ist sehr energieaufwendig. (Der Energiebedarf für eine Tonne Stickstoff einschließlich Herstellung, Transport und Ausbringung entspricht dem Energiegehalt von zwei Tonnen Erdöl!)
Stickstoff muss, ehe es von Pflanzen genutzt werden kann, als Salz, das sich im Wasser löst, fixiert werden.

Zusammen mit Phosphat und Kalium wird es als Volldünger oder auch als reiner Stickstoffdünger

weltweit in der Landwirtschaft eingesetzt.
Zusätzlich enthalten viele Volldünger daneben noch Schwefel, Calcium, Magnesium sowie Spurenelemente.
Diese Mineraldünger haben in der Landwirtschaft einen großen Produktivitätsfortschritt ermöglicht.
Leider ist nicht nur der hohe Energieaufwand problematisch, sondern auch die Bedrohung der mikrobiellen Aktivität des Bodens, da synthetische Düngemittel in der Regel die Arbeit von Mikroorganismen übernehmen.

Ein weiteres Problem ist die Gefahr des Überdüngens, das vor allem in Gebieten intensiver landwirtschaftlicher Nutzung mit hohem Viehbesatz besteht, ( z.B. im Münsterland und in Südwestniedersachsen ) wo neben Düngemitteleinsatz Exkremente aus der Massentierhaltung auf Felder ausgebracht werden.
Hier liegt der Zweck der Ausbringung meist nicht in der Steigerung der Erträge, sondern allein in der preisgünstigen Entsorgung. (

Ich werde mich in einem gesonderten Artikel noch näher mit dieser Problematik beschäftigen).

Mikroorganismen und Kleinstlebewesen fallen diesem Verfahren zum Opfer.
Da Mikroorganismen jedoch für die landwirtschaftliche Qualität eines Bodens  entscheidend sind, führt dies zu erheblichen Problemen.
Der weltweite Verbrauch an Düngemitteln betrug 1999 141,4 Mio. Tonnen und erhöht sich besonders in China permanent (2012 36,7 Mio. Tonnen). Dennoch sind stickstofffixierende Bakterien nach wie vor viel wichtiger als die von Menschen hergestellten Kunstdünger.
Die Fruchtbarkeit des Bodens beruht in der Natur fast ausschließlich auf diesen Mikroorganismen.
Die Menge des von ihnen produzierten aus der Luft fixierten Stickstoffs liegt bei 150 bis 200 Mio. Tonnen pro Jahr, was ca. das Vierfache der Produktion durch das Haber-Bosch-Verfahren ausmacht.
Dieses und andere Verfahren zur Herstellung von Kunstdünger frisst nicht nur Energie, es ist auch teuer. Zudem ist es mit großen Umweltverschmutzungsproblemen behaftet, die u.a. durch Auswaschen von Nitrat in die Gewässer entstehen.

Neben dem hohen Energieaufwand bei der Herstellung und die damit verbundenen CO2-Emissionen treten noch weitere Probleme auf.
Die Kombination von Kunstdünger und schweren landwirtschaftlichen Maschinen hat bereits in vielen Teilen der Welt zu irreversibler Zerstörung der organischen Struktur der Böden geführt.
Ein weltweites Umdenken in der Landwirtschaft ist daher dringend erforderlich, um die natürlichen, von Mikroorganismen ausgehenden Prozesse bei der Produktion von landwirtschaftlichen Produkten wieder stärker in den Vordergrund zu rücken.
Es gibt genügend Beispiele an denen klar wird, dass die Fruchtbarkeit des Bodens in der Natur fast ausschließlich von Mikroorganismen ausgeht.

 

Besonders wichtig für die Verfügbarkeit von Stickstoff für Reis in den Reisfeldern Asiens sind Cyanobakterien wie Anabaena und Nostoc. Obwohl für ein Drittel der Menschheit Reis als wichtigstes Grundnahrungsmittel gilt, brauchen dennoch ein großer Teil der Reisfelder nicht gedüngt werden.
Die Cyanobakterien leben innerhalb der Blätter des winzigen Wasserfarnes Azolla.
Sie kommen aber in vielen tropischen Böden auch frei vor und erreichen während einiger Wochen eine Syntheseleistung, die auf ein Jahr hochgerechnet 750kg Stickstoff pro Hektar ergibt.
Diese Mikroorganismen liefern damit den größten Einzelbeitrag zur weltweiten Stickstoffproduktion.

Zwei andere Kategorien von Stickstofffixieren sind weltweit verbreitet.
Die eine lebt in symbiotischer Gemeinschaft mit einer Pflanze. Die Mitglieder der anderen Gruppe leben frei im Boden.
Der klassische Vertreter für die erste Kategorie ist Rhizobium, ein Bakterium, das in Knöllchen an den Wurzeln von Leguminosen (Erbsen, Bohnen, Klee und anderen Schmetterlingsblütlern) vorkommt.
Der Grund für die althergebrachten Fruchtwechsel, die heute leider immer weniger durchgeführt werden, liegt in der Existenz dieser Mikroorganismen.
Wird jedes Jahr die gleiche Pflanze gesät, egal ob Gras, Gerste, Weizen oder gar Mais, nimmt die Bodenfruchtbarkeit dagegen rapide ab.
Über die Leguminosen erhält der Boden seine Fruchtbarkeit zurück, indem die Rhizobien in den symbiotischen Knöllchen Stickstoff fixieren.
Die Mikroorganismen fangen so viel von diesem Element ein, wie sie für sich und für die Bedürfnisse der Pflanze benötigen.
Rhizobien haben spezifische Partner.
So würden beispielsweise die Symbionten der Erbsen keine Knöllchen an Lupinen bilden. Einige Stämme bilden effektivere Knöllchen als andere. Deshalb wird das von Landwirten eingesetzte Saatgut inzwischen mit speziell ausgewählten Stämmen versetzt.
Durch genetische Manipulationen werden heute bereits besonders effektive Rhizobienstämme erzeugt.

Der zweite wichtige Stickstofffixierer in der Natur ist Frankia. Er ist ein Vertreter aus der Gruppe der Actinomyceten, die auch als „höhere“ Bakterien bezeichnet werden.
Frankia tritt in Gemeinschaft mit der Erle (Almus) auf, die dadurch auf trockenen Böden und im Gebirge wachsen kann. (Das dabei noch andere von Mikroorganismen ausgehende Mechanismen eine Rolle spielen können, ist aktuell die Hypothese von einer Gruppe von Forschern. Einer von meinen nächsten Artikeln wird sich hiermit befassen.)

Eine verwandte Mikrobe von Frankia bildet Symbiosen mit der Sumpfbeere (Myrica) und der Büffelbeere (Shepherdia), zwei winterharten Pflanzen, die mit der Hilfe dieser Symbionten in nährstoffarmen Böden, wie Steppen und Sümpfen wachsen. Eine weitere Mikrobe  der Gattung Azospirillium ist mit bestimmten Gräsern und gelegentlich mit Mais vergesellschaftet.  Sie fixiert in einigen Teilen der Welt ebenfalls Stickstoff.

Des Weiteren existieren eine Vielzahl von nicht symbiotischen, freilebenden Stickstofffixierern wie Azotobacter, die gut belüftete und neutrale bis schwach alkalische Umgebungen bevorzugen. Sie tragen jedoch eher im geringen Umfang zur Stickstofffixierung bei.
Außerdem leisten andere Bakterien aus unterschiedlichen Gruppen einen wichtigen Anteil an der Produktion von Stickstoff. Hierzu gehört unter anderem Beijerinckia, verschiedene Clostridien-Arten und Bacillus polymyxa.
Bei der jährlich fixierten Stickstoffmenge liegt Rhizobium mit deutlichem Vorsprung vorn. Luzerne mit Rhizobium kann bis zu 282 kg Stickstoff pro Hektar jährlich binden.
Cyanobakterien schaffen immerhin 10 kg und Azotobacter 113 g.

Aufgrund der durch die Herstellung und Anwendung von Kunstdüngern bereits aufgetretenen Probleme suchen Wissenschaftler zunehmend nach Möglichkeiten, die mikrobiellen Prozesse, durch die Mikroorganismen den Pflanzen Stickstoff zugänglich  machen, besser auszunutzen.
Eine Schlüsselrolle bei dem Vorgang spielt das Enzym Nitrogenase. Es bewerkstelligt den überwiegenden Teil der weltweiten Stickstofffixierung ohne den hohen Energieaufwand des Haber-Bosch-Verfahrens.

Andere Mikroorganismen sind für weitere Umwandlungen des Elements Stickstoff verantwortlich. Ein Teil baut tierische und pflanzliche Abfälle ab, während ein anderer Teil den Stickstoffkreislauf vervollständigt, indem er elementaren Stickstoff in die Atmosphäre freisetzt.
Am ersten dieser Prozesse nehmen verschiedene Typen von Mikroorganismen teil, die die großen und komplexen Gewebe und Moleküle in einfachere Grundbausteine zerlegen.
Aus Proteinen und anderen nitrathaltigen Stoffen entsteht dabei Ammonium. Dann setzt die Arbeit von zwei anderen Mikroorganismengruppen ein.
Nitrosomas und Nitrocystis oxidieren Ammonium zu Nitrit, Nitrobacter wandelt Nitrit in Nitrat um. Durch diese Tätigkeit, der Denitrifizierer, zu denen auch Pseudomonas denitrificans gehört, gelangt ebenfalls  Stickstoff in die Atmosphäre zurück.

Bei einer 21 jährigen Studie wurde zusammenfassend festgestellt (s.auch nachfolgenden Literaturnachweis): Um die Effektivität landwirtschaftlicher Anbausysteme zu beurteilen, bedarf es eines Verständnisses der Agrarökosysteme. Eine 21-jährige Studie ergab lediglich 20 Prozent geringere Erträge bei ökologischen Anbausystemen gegenüber konventionellen, obwohl der Einsatz von Düngemitteln und Energie um 34 bis 53 Prozent und der von Pestiziden um 97 Prozent geringer war.
Wahrscheinlich führen die erhöhte Bodenfruchtbarkeit und die größere biologische Vielfalt in den ökologischen Versuchsparzellen dazu, dass diese Systeme weniger auf Zufuhr von außen angewiesen sind.

Ich bin sicher, dass sich diese 20 Prozent geringerer Erträge noch kompensieren lassen, wenn vermehrt Geld für die Entwicklung effektiverer biologischer Verfahren investiert wird. Nur so  ist die weitere Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen zu stoppen.
(Paul Mäder, Andreas Fließbach, David Dubois, Lucie Gunst, Padruout Fried und Urs Niggli: Bodenfruchtbarkeit und biologische Vielfalt im ökologischen Landbau, ÖKOLOGIE & LANDBAU 124, 4/2002 (I) (http://orgprints.org/302/1/maeder-et-al-2002-oel-dok-science.pdf)

Düngerverbrauch
(Nachfolgende Texte und Bilder aus der Wikipedia)
(Zur Quellseite)

Der weltweite Verbrauch an Düngemitteln betrug 1999 141,4 Mio. Tonnen.


Die größten Verbraucher-Länder waren (2012 in Mio. Tonnen):

China 36,7
Vereinigte Staaten: 19,9
Indien: 18,4
Brasilien: 5,9
Frankreich: 4,8
Deutschland: 3,0
Pakistan: 2,8
Indonesien: 2,7
Kanada: 2,6
Spanien: 2,3
Australien: 2,3
Türkei: 2,2
England: 2,0
Vietnam: 1,9
Mexiko: 1,8
Niederlande: 1,4

Diese Zahlen geben keinen Aufschluss über den Pro-Kopf- bzw. Pro-Hektar-Verbrauch. Dieser kann jedoch für ausgewählte Staaten und Regionen aus der Grafik abgelesen werden.

Eine weitere Bedeutung der Zahlen ergibt sich aus dem Umstand, dass die Herstellung von Stickstoffdünger sehr energieintensiv ist: Der gesamte Energiebedarf für die Düngung mit 1 Tonne Stickstoff einschließlich Herstellung, Transport und Ausbringung entspricht dem Energiegehalt von etwa 2 Tonnen Erdöl.