Außer Proteinen, Kohlenhydraten, Fetten, Mineral-und Ballaststoffen benötigen Menschen und Tiere winzige Mengen an Spurenelementen und Vitaminen.
Vitamine sind unverzichtbare Bausteine innerhalb unseres Stoffwechsels.
Eine Unterversorgung führt unweigerlich zu Mangelerkrankungen, wie z.B Skorbut (Vitamin C- Mangel) oder Rachitis ( Vitamin D- Mangel).
Jahrzehntelange Studien haben ergeben, dass eine hochwertige, ausgewogene Ernährung den täglichen Bedarf an Vitaminen ausreichend deckt.
Leider ist es in unserer Zeit nicht für jeden einfach durchführbar sich gesund zu ernähren. Deshalb ist der Trend, Vitaminpillen einzunehmen, die häufig weit über dem Bedarf liegen, stark verbreitet.
Hinter Antibiotika stehen Vitaminpräparate an zweiter Stelle in der Verkaufs-Hitliste der Pharma- Industrie. Es werden jährlich ca. 1Milliarde US-Dollar umgesetzt.
Doch woher stammen diese Vitamine?
Einige, wie das Vitamin C haben einen einfachen molekularen Aufbau, sodass sie seit langem in riesigen Mengen von der chemischen Industrie hergestellt werden. Andere haben einen sehr komplizierten molekularen Aufbau und werden deshalb aus Mikroorganismengewonnen.
Im menschlichen und tierischen Darm können einige Mikroorganismen bestimmte Substanzen für ihren Eigenbedarf herstellen.
Die Fähigkeit anderer Mikroben wird von der Industrie zur Produktion von bestimmten Schlüsselvitaminen genutzt.
Eine der ersten Mikroben, die zur Herstellung eines Vitamins genutzt wurde war der Pilz Ashbya gossypii. Er ist in der Lage Riboflavin zu synthetisieren. Riboflavin oder Vitamin B2 ist eine der fundamentalsten Verbindungen überhaupt und spielt in Mikroorganismen wie auch in allen tierischen und menschlichen Zellen eine wesentliche Rolle als Bestandteil der Proteine des Elektronentransportsystems. Es bringt die Energie, die beim aeroben Abbau der Nährstoffe entsteht, in eine Form, die in anderen zellulären Prozessen genutzt werden kann. Riboflavinmangel verursacht u. a. Hautausschläge, Schleimhautgeschwüre im Mundbereich, Entzündungen an den Lippen und Risse in der Augenhornhaut.
Die Tatsache, dass die Zellen eines höher entwickelten Organismus eine Substanz nutzen können, die von einem vergleichsweise primitiven Mikroorganismus eigentlich für eigene Zwecke synthetisiert wird, ist bemerkenswert. Sie verdeutlicht den gemeinsamen entwicklungsgeschichtlichen Ursprung von allen Lebewesen.
Für die ursprünglich eingesetzten Ashbya gossypii-Stämme galt das gleiche wie für die ersten Antibiotikaproduzenten; sie erzeugten nur geringe Mengen der gewünschten Substanz. Mit der Zeit stieg die Ausbeute jedoch um einen Faktor von mehr als 20.000.
Grund dafür sind zum einen die Selektion besonders produktiver Stämme, sowie optimierte Kulturbedingungen.
Heute wird ein verwandter Pilz, Eremothecium ashbyii zur Erzeugung des Vitamins herangezogen.Eine dritte Mikrobe, die inzwischen den beiden Pilzen Konkurrenz macht ist das Bakterium Bacillus subtilis, von dem bestimmte Stämme das Vitamin überproduzieren und ins Medium ausscheiden. Diese Mikrobe gehört übrigens u.a. auch zu dem von mir eingesetzten Mikroorganismen-Komplex.
Es liegt normalerweise nicht im Interesse von Mikroorganismen, einen Stoff in Überschuss zu produzieren. Die Produktionsmenge richtet sich viel mehr nach den eigenen Bedürfnissen, weil die Produktion eines Vitamins in großen Mengen einen Verbrauch von wertvollen Reserven an Energie und Rohstoffen nach sich zieht. Nur wenn ein Organismus dazu gebracht werden kann, die Kontrolle über seinen eigenen Stoffwechsel zu verlieren, besteht die Möglichkeit eine Überproduktion zu bewirken und damit eine Ausscheidung des gewünschten Stoffes ins Medium.
Durch neue genetische Verfahren können Veränderungen an den regulierenden Genen erzeugt werden, sodass die Mikroorganismen ihre Energie und ihre Rohstoffe in die Produktion des gewünschten Endproduktes stecken.
Ähnlich, wie bei Riboflavin wurden auch Verbesserungen bei der Erzeugung von Vitamin B12 (Cobalamin) erreicht.
Ein Mangel an Vitamin B12 kann z.B durch eine Fehlfunktion bei der Absorption im Darm, oder von einer unausgewogenen Ernährung hervorgerufen werden.
Die Folge sind schwere Anämien. Vitamin B12 kann natürlicherweise nur über die Aufnahme tierischer Produkte über den Darm aufgenommen werden. Ansonsten muss es über Vitaminpräparate dem Körper zugeführt werden.
Es wird bis heute entweder von einer einzelnen Mikrobenart oder auch von einem Mikrobenpaar hergestellt.
Bei dem einstufigen Prozess erzeugt Pseudomonas denitrificans das Vitamin innerhalb einer vierwöchigen Wachstumsphase in Zuckerrübenmelasse. Die Melasse enthält neben den Nährstoffen und der Energie auch die Substanz Betain, wodurch die Ausbeute an Vitamin B12 wesentlich erhöht wird.
Bei dem zweistufigen Prozess produziert ein Propionibakterium shermanii-Stamm ein Zwischenprodukt, das ausgeschieden und dann zu Vitamin B12 umgebaut wird. Die beiden beteiligten Mikroorganismenbilden bei dem industriellen Prozess über 50.000 mal mehr von dem Vitamin als in ihrer natürlichen Umgebung. So werden im Jahr etwa 10.000 kg des Vitamins für die Pharma- und die Lebensmittelindustrie hergestellt.
Weltweit stellt die Herstellung von Vitaminen als Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere inzwischen einen gewaltigen Pharmazeutischen Industriezweig dar. Durch Genmanipulationen und damit neuen Generationen von Bakterien- und Pilzstämmen wird man in Zukunft in der Lage sein, ein viel größeres Spectrum an Vitaminen zu erzeugen, als es bisher möglich war.